Heute hat die japanische Regierung den Äranamen bekannt gegeben, der mit der Thronbesteigung des neuen Kaisers am 01.Mai 2019 wirksam wird. Japan rechnet auch im 21. Jahrhundert mit dem traditionellen, ursprünglich aus China stammenden System der Äranamen (gengo oder auch nengo genannt). Sie waren im alten China erfunden worden, um als Regierungsdevisen für die chinesischen Kaiser zu dienen. Seit der Meiji-Restauration von 1868 wird allerdings nur noch eine Devise für eine Regierungszeit bekannt gegeben – früher herrschten Kaiser durchaus mit unterschiedlichen Devisen und änderten den Namen, wenn böse Vorzeichen dies notwendig machten. Japan übernahm irgendwann im 4., 5. oder 6. Jahrhundert n. Chr. diese Regierungsdevisen aus China. Die erste Ära, Taika – die große Veränderung, begann 645. Insgesamt sind 286 offizielle Äranamen bekannt – aber es gibt auch private und inoffizielle, darunter die Regierungsdevisen der sogenannten Nördlichen Dynastie, die von der südlichen nicht anerkannt wurde (und wird).
Ab dem 01.Mai 2019 wird die Ära nun „Reiwa“ lauten und damit die fünfte Ära nach der Meiji-Restauration sein, mit der das vormoderne Japan 1868 in den Kreis der modernen Staaten eintrat. Nach Meiji (1869-1912) kamen Taisho (1912-1926), Showa (1926-1989) und Heisei (1989- 1.Mai 2019). Reiwa wird mit zwei chinesischen Schriftzeichen (kanji) geschrieben und ist eine Kombination aus einem alten japanischen Gedichtband aus dem 8. Jahrhundert. Die moderne Bedeutung von „rei“ ist Befehl, Kommando, Dekret. Man muss schon tief in die Wörterbücher älterer Sprachstadien des Japanischen steigen, um die Bedeutungen „gut, glückverheißend, günstig“ zu finden. Das zweite Zeichen, wa, bedeutet einerseits „Frieden, Harmonie“ als auch „Japan“. Die Bedeutung ist also so etwas wie „glückverheißender Frieden“ oder „günstiger Frieden“. Da Wa auch Japan bedeutet, kann das Motto „glückverheißend“ aber auch auf das ganze Land ausgedehnt werden. Dass das Motto aus der japanischen Gedichtsammlung Manyoshu stammt und nicht, wie traditionell aus konfuzianischen (d.h. chinesischen) Klassikern, ist ein gewisser Bruch, der sicher Japans kulturelle Eigenständigkeit symbolisiert.
Die gengo genannten Äranamen sind nicht einfach eine bloße Spielerei, sondern tief im japanischen Alltag verwurzelt. Zwar kennen Japaner auch die westliche Zeitrechnung, aber der japanische Alltag findet in der Kalenderzählung nach gengo statt: dieses Jahr, 2019, ist Heisei 31 – und ab Mai das erste Jahr Reiwa. Japaner verbinden sich emotional mit den Regierungsdevisen, mit denen sie aufgewachsen sind, in denen sie geboren wurden oder in denen sie besondere Ereignisse gefeiert haben. Aber auch die Politik ist damit eingebunden. Zwar nannte Hirohito seine Regierungszeit seit 1926 als „erleuchteter Frieden“, aber mit den Kriegen seit 1932 in China und der Mandschurei und ab 1941 dann im Pazifischen Teil des Zweiten Weltkriegs war da im Alltag nicht viel zu sehen. Dennoch blieb Showa auch nach 1945 die Devise, auch wenn Japan seit der Kapitulation große Veränderungen gemacht hat. Kaiser Hirohito, postum als Showa-Tenno bezeichnet, versuchte seiner Devise treu zu bleiben. Sein Sohn und Nachfolger, der jetzige Kaiser Akihito, hat seit 1989 mit „Frieden schaffen“ (Heisei) versucht, die emotional-politischen Hinterlassenschaften seines Vaters abzuarbeiten.
Auch Reiwa dürfte dem einen oder anderen Japaner, insbesondere japanischen Politiker, ein wenig aufstoßen. Denn „glückverheißender Frieden“ passt derzeit nicht gerade zu Abe Shinzos politischem Programm, der den Pazifismus-Artikel 9 gerne aus der japanischen Verfassung gestrichen sähe. Japan hat sich mit der neuen Verfassung geschworen, den Krieg als politisches Instrument nicht mehr zu nutzen. Lange Zeit hatte Japan nicht einmal eine Armee – und selbst heute sind die „Selbstverteidigungsstreitkräfte“ Japans mehr oder minder inoffziell. Aber Abe hat bereits kommentiert, dass er darunter eben ein Land versteht, das sich selbst verteidigen kann und damit selbstbewusst und souverän innerhalb der Staatengemeinschaft auf dieser Welt auftreten kann. Nicht alle dürften seiner Argumentation folgen. Aber Japan hat andere soziale Probleme als Kriege zu führen.
Freuen dürften sich über die neue Regierungsdevise, also den neuen Äranamen, zuvorderst Druckereien. Alle Behörden, Banken – ja, alle offiziellen Formulare, Dokumente und Kalender müssen ab dem 01. Mai 2019 dann den neuen Namen Reiwa aufweisen. Da gibt es viel zu tun und viel zu drucken. Wer eine Druckerei besitzt, dürfte derzeit eine goldene Nase verdienen.
Nicht zu vergessen: nicht nur die Devise ändert sich, sondern auch der Kaiser! Am 30. April 2019 wird Akihito Tenno abdanken, als erster Monarch seit mehr als 200 Jahren. Abdankungen kamen in der japanischen Geschichte oft vor, aber das moderne Kaiserliche Haushaltsgesetz sah es bislang nicht vor. Kaiser Akihito hat 31 Jahre als Symbol der Einheit und des Staates seinem Land gedient und es ist gut, dass seinem Wunsch nach Rückzug ins Private statt gegeben wurde. Sein Sohn, Naruhito, bekannt als Umwelt- und Gleichstellungs-Freund wird sicher die Devise symbolisch erfüllen und Japan in eine glückverheißende Zeit des Friedens führen.
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